Der Weg zum VfB Lübeck

Die Jahre von 1919 bis heute sind eine so bewegte Zeit mit geschichtlichen Ereignissen von einmaliger Bedeutung, dass der Blick zurück nicht nur lohnt, sondern Verpflichtung wird.

Nicht selten stößt man bei der Recherche auf widersprüchliche oder schlicht falsche Darstellungen der historischen Entwicklung unseres VfB. Der heutige VfB ist Rechtsnachfolger des 1933 von den Nationalsozialisten verbotenen BSV Vorwärts, auf den auch das Gründungsdatum 28.8.1919 zurückgeht, und der Sportvereinigung Polizei Lübeck, die am 24. August 1921 gegründet wurde und später in Polizei-SV und SG Ordnungspolizei umbenannt wurde. Am 20. September 1945 wurde von jeweils sieben Mitgliedern des früheren BSV Vorwärts und der SG Ordnungspolizei der heutige VfB Lübeck quasi als Vereinigung beider Vorgänger aus der Taufe gehoben.

Begonnen hat die Geschichte entsprechend mit Entwicklungen in zwei Vereinen, die durch die räumliche Nähe im Stadtteil St. Lorenz zwar Verbindungen hatten, aber bis 1945 einen völlig eigenständigen Weg gingen.

Die Anfänge des VfB liegen im Ballspielverein Vorwärts, der sich am 28. August 1919 aus dem losen Verband des Straßenfußballclubs Hansa bildete. Der BSV Vorwärts gehörte dem sozialdemokratisch geprägten Arbeiter-Turn- und Sportbund (ATSB) an, der bis 1933 außerhalb des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) einen eigenen Spielbetrieb organisierte. Direkte sportliche Kontakte zum “bürgerlichen” Lager der DFB-Vereine gab es kaum. Der BSV Vorwärts entwickelte sich im ATSB zu einer der führenden Fußball-Mannschaften in der Hansestadt und gewann 1927, 1928 und 1931 den Meistertitel auf Bezirksebene. Auf der übergeordneten Kreisebene (Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg) gewannen die Braun-Weißen am 5. Februar 1928 die Meisterschaft duch einen 2:1-Sieg über Hansa Kiel. Die sportliche Geschichte des BSV Vorwärts endete jäh, als die NSDAP nach ihrer Machtübernahme alle Arbeiter-Sportvereine verbot. Auch der BSV Vorwärts wurde am 15. Mai 1933 zur Selbstauflösung gezwungen. Sein Vermögen und die Sportgeräte wurden beschlagnahmt.

Im “bürgerlichen” Lager der DFB-Vereine bildete die Sportvereinigung Polizei Lübeck, am 24. August 1921 von sporttreibenden Polizisten zunächst als Betriebssportverein ins Leben gerufen, den Vorläufer des heutigen VfB. Spätestens nachdem die SV Polizei Lübeck Ende der 1920er-Jahre auch Zivilmitglieder in ihren Reihen aufnahm und eine Jugendabteilung aufbaute, entwickelten sich die Polizei-Fußballer zu einer festen Größe im Norden. In der Saison 1927/28 und zwischen 1930 und 1945 spielte die Mannschaft in der höchsten Klasse und lief ab 1931 auch dem LBV Phönix den Rang als Nummer eins der Stadt ab. 1931 erreichte man erstmals die Endrunde um die Norddeutsche Meisterschaft. Im Frühjahr 1932 wurden zudem zahlreiche Mitglieder des 1921  aus einer Fusion zwischen Allemannia und Germania entstandenen VfR Lübeck aufgenommen.

In der 1933 gegründeten Gauliga Nordmark entwickelte sich der Polizei-SV, wie der Verein seit 1935 offiziell hieß, nach schwierigen Anfangsjahren zu einer festen Größe. Der 3. Platz in den Jahren 1938 und 1941 (jeweils hinter dem HSV und dem Eimsbütteler TV) war der größte Erfolg, im Tschammer-Pokal (Vorläufer des DFB-Pokals) wurde 1936 nach einem Sieg bei Holstein Kiel die 2. Schlussrunde erreicht, in der mit 1:3 gegen Hertha BSC das Aus kam. 1938 richtete der Polizei-SV zudem die Deutschen Polizeimeisterschaften der Leichtathleten aus.

Für dieses Ereignis wurde auf der Lohmühle, zu jener Zeit offiziell Adolf-Hitler-Kampfbahn genannt, übrigens die hölzerne Stehtribüne errichtet. Ein Jahr zuvor war bereits die Haupttribüne, die heutige “Alte Holze” errichtet worden. Die Sportvereinigung Polizei hatte ursprünglich auf dem Hof der Kaserne an der Fackenburger Allee (dort wo später das Telekom-Gebäude errichtet wurde) einen Sportplatz errichtet und auch den angrenzenden Sportplatz Kasernenbrink nutzen können. Als die Kaserne mitsamt des umliegenden Geländes im November 1934 von der Wehrmacht beansprucht wurde, erhielt der Verein als Ersatz den Sportplatz Lohmühle zugewiesen, den der ATSV Lübeck (heute TuS 93) am 12. Mai 1929 eröffnet und bis zu seinem Verbot im Mai 1933 genutzt hatte.

Die Kriegsjahre von 1939 bis 1945 rissen viele Lücken in die Reihen der Akteure aller Vereine – zunehmend wurden auch die Polizisten an die Front beordert. Viele Sportler fielen, wurden verwundet oder gerieten in Gefangenschaft. Dennoch wurde im seit 1941 SG Ordnungspolizei genannten Verein bis zum Kriegsende Fußball gespielt. Das letzte Spiel bestritt eine Rumpfmannschaft noch am 22. April 1945, zehn Tage vor dem Einmarsch der Briten in Lübeck, gegen den TSV Schlutup.

Unter der britischen Besatzung waren alle Vereine zunächst verboten. Um wieder Sport treiben zu können, nahmen die 1933 aus dem Polizeidienst entlassenen Naziverfolgten um Friedrich Grabner Kontakt zu ebenfalls von den Nazis verfolgten Mitgliedern des BSV Vorwärts auf. Der englischen Besatzungsmacht war Grabner als Sprecher offensichtlich der passende Partner. Die im Zuge der Gründungsverhandlungen beantragte Fusion mit der früheren Sportgemeinschaft Ordnungspolizei Lübeck wurde genehmigt. Bereits fünf Tage nach Aufhebung des Verbots für Sportvereine wurde der VfB am 20. September 1945 in der Zuchtviehauktionshalle gegründet. Die Idee zur Namensgebung “Verein für Bewegungsspiele” hatte der unvergessene Stürmer Karl Wenzel, den die englischen Soldaten in ihr Herz geschlossen hatten und bei den Spielen an der Pionierkaserne mit “Blondi, Blondi” anfeuerten. Das erste Wappen geht auf einen Entwurf von Torhüter Albert “Jonny” Felgenhauer zurück.

 

Wer den besten Einblick in die Historie des VfB und seiner Vorgängervereine gewinnen will, dem sei die 100-Jahr-Chronik ans Herz gelegt, die im Spätsommer 2019 im Verlag Die Werkstatt erschienen ist und auch in unserem Online-Fanshop zu bestellen ist.

28. August 1919
Gründung des Ballspielverein
Vorwärts Lübeck

sv-polizei-luebeck24. August 1921
Gründung der Sportvereinigung
Polizei Lübeck e. V.

1921
Fusion von Allemannia Lübeck (gegründet am 25. März 1905) und Lübecker FC Germania (gegründet 1913) zum VfR Lübeck.

Das Logo des VfB Lübeck bis zu Beginn der 50er Jahre.

Das aktuelle Logo des VfB hat seit Ende der 1990er Jahre Bestand.