Unser ehemaliger Spieler Ole Hengelbrock, der mittlerweile als Sozialarbeiter für Cap Anamur tätig ist und Menschen in größter Not hilft, hat sich bei uns mit der Bitte gemeldet, einen Bericht über (s)ein aktuelles Projekt zu veröffentlichen.

Fast zwei Jahre war Ole Hengelbrock, Sozialarbeiter bei Cap Anamur, in Freetown /Sierra Leone aktiv. Dort hat er für Cap Anamur das Straßenkinderprojekt Pikin Paddy betreut. Nach Ausbruch der Ebola-Epidemie war es seine wichtigeste Aufgabe die ihm anvertrauten Kinder vor dem Virus zu schützen. Innerhalb von nur wenigen Wochen hat er mit dem Schutzhaus für Ebola-Waisen und Kontaktkinder ein neues Projekt auf die Beine gestellt. Nach der Rückkehr aus Sierra Leone ist Ole Hengelbrock seit kurzem für Cap Anamur in der Ukraine aktiv, wo in der Region Luhansk-Oblast ein neues Projekt gestartet wird.

Ole schreibt dazu:
Nach der Evaluierungsreise des Cap-Anamur-Vorsitzenden Werner Strahl bin ich nun für sechs Wochen in der Ukraine, um die Unterstützung von Krankenhäusern zu planen. Gemeinsam mit unserem Dolmetscher und unserer Partnerorganisation habe ich in den ersten Wochen verschiedene medizinische Einrichtungen besucht und die organisatorische Basis für das neue Hilfsprojekt gelegt.

Cap Anamur engagiert sich zunächst in zwei Krankenhäusern: Das Hospital Svitlodarsk liegt in der Mitte zwischen Luhansk und Donezk, direkt an der sogenannten Zero Frontline. Seit mehreren Monaten ist diese Region immer wieder unter Beschuss. Im Nachbarort Myroniwka, wo wir ein zweites Hospital unterstützen, gab es im Frühjahr mitunter die schwersten Kämpfe in diesem Krieg – mit vielen Toten auf beiden Seiten. Noch immer sind einzelne Gebiete vermint. Zahlreiche Bewohner sind weggezogen, doch mussten dann wieder zurückkehren, da das Leben im Westen deutlich teurer ist.

Beide Hospitäler waren an den Ort Debalzewe angegliedert, der rund 25 Kilometer entfernt liegt. Als Debalzewe umkämpft wurde, brachen alle behördlichen Strukturen zusammen. Damit auch die Lieferungen und Versorgung für angegliederte Krankenhäuser. So gibt es seit acht Monaten keine Unterstützung mehr in Form von Medikamenten, Materialien oder Gehältern. Auch andere Institutionen wie Schulen oder Kindergärten sind betroffen. Rentner und chronisch kranke Menschen bekommen derzeit keine Leistungen, da Svitlodarsk und Myroniwka im Niemandsland liegen, also unter keinem behördlichen Einflussbereich stehen.

Debalzewe liegt im Gebiet der Separatisten. Die beiden Konfliktparteien stehen sich hier also direkt und aktiv gegenüber. Die Situation ist schwierig und unkalkulierbar. Es kann von der einen auf die andere Minute wieder losgehen. Trotzdem: Das Leben und die Arbeit gehen weiter. Und so kommt gut die Hälfte des Krankenhauspersonals noch immer zum Dienst, obwohl so lange kein Gehalt ausgezahlt wurde. Es ist wunderbar zu sehen, wie die Mitarbeiter den Patienten mit so viel Sympathie und Fürsorge begegnen. Andere Mitarbeiter sind aus der Region weggezogen, weil sie andernorts versuchen müssen, Geld zu verdienen. Doch bleibt erst das Personal weg, bricht auch der Krankenhausbetreib zusammen.

Aufgrund der angespannten Lage ist das Arbeiten vor Ort eine besondere Herausforderung. Nicht nur wegen des aktiven Beschusses, sondern auch, weil der Konflikt politisch höchst brisant ist und man schnell auf eine Seite gezogen wird und folglich Zielscheibe der anderen Seite werden kann. Die Bevölkerung von Svitlodarsk und Myroniwka kommt aus „beiden Lagern“. Hier wird mehr russisch als ukrainisch gesprochen, und fast kein Englisch. Die Menschen argumentieren nicht mehr, welche Seite die bessere sei, man wünscht sich nur Frieden. Untereinander gibt es keine offenen Aggressionen. Aber man sieht die tiefen Spuren dieses Krieges im Gemüt der Menschen. „Es tut weh, seine Heimat brennen zu sehen“, sagte ein älterer Herr.
In der Stadt fühlen wir uns willkommen. Als wir nach einer Nacht mit heftigem Beschuss noch immer vor Ort blieben, waren die Menschen sehr überrascht. Solche Situationen und Gesten sind sehr wichtig, denn sie unterstreichen unsere Glaubwürdigkeit und zeigen den Menschen, dass wir sie wirklich unterstützen wollen.

Das schafft Vertrauen.

Unsere Hilfe ist bereits angelaufen: Neben der Auszahlung von Gehältern für die Krankenhausmitarbeiter bereiten wir gerade eine Lieferung dringend benötigter Medikamente und Materialien vor. Darin enthalten ist auch verstärkte Plastikfolie für die zerschossenen Fensterscheiben. Neue Scheiben können noch nicht eingebaut werden, da noch geschossen wird.

Zudem haben wir einen lokalen Partner gefunden, die East Ukraine Human Rights Group. Die jungen Juristen versuchen Druck auf die Regierung aufzubauen, damit sie ihren Pflichten in Zukunft nachkommt und die medizinischen Einrichtungen wieder unterstützt. Die Kooperation mit einer lokalen Organisation ist sehr nützlich: Die Menschen wissen, sich selbst zu helfen, viel besser als wir es können. Aber sie brauchen einen Partner an ihrer Seite. Den haben sie nun mit Cap Anamur gefunden.

Was uns Sorge bereitet ist die nahende kalte Jahreszeit. Viele Fensterscheiben in Kranken- und Wohnhäusern sind zerstört. Es kommt immer wieder vor, dass Strom und heißes Wasser ausfallen, da das nahe gelegene Kraftwerk unter Beschuss steht. Die Nahrungssituation wird dramatischer. Außerdem steigt das Patientenaufkommen in der Herbst- und Winterzeit. Doch die Konfliktparteien scheinen sich einzugraben. Der Krieg wird also vorerst nicht abklingen, egal was in Minsk besprochen wird.

Ich bin froh, den Menschen begegnen zu dürfen und mit ihnen Möglichkeiten gefunden zu haben, die nächsten Schritte zu gehen.

Weitere Informationen zu diesem und weiteren Projekten von Cap Anamur gibt es auf der Internetseite www.cap-anamur.org

Von Published On: 1. September 2015Kategorien: 1. Herren
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