Der VfB Lübeck hat in seiner großartigen Historie viele interessante, spannende, schöne, tragische, traurige und witzige Geschichten geschrieben. VfB-Fan Thomas Nöllen hat sich intensiv mit der grünweißen Vergangenheit auseinander gesetzt, sich mit Zeitzeugen unterhalten, in Archiven gestöbert und ist dabei auf bekannte und sicherlich auch der großen Mehrheit unbekannter Geschichten gestoßen. Wöchentlich gibt es diese Geschichten nun hier auf unserer Website zum Nachlesen und schmöckern. In den vergangenen Wochen haben wir uns mit den Derbys mit dem LBV Phönix beschäftigt, heute widmen wir uns einem großen VfBer: Lothar Kröpelin.

Nach der wenig erfolgreichen Saison 1955/56 gab der VfB seinen Nachwuchsspielern endlich eine Chance sich in der Ligamannschaft zu bewähren. Dazu gehörten neben Arthur Leipert, Rolf Oberbeck und Dieter Sawatzki auch der am 6. März 1937 geborene Lothar Kröpelin. Zu seinem ersten Einsatz kam er für die Grünweißen bei der 0:1-Niederlage gegen Gut Heil Neumünster am 29. August 1956.

Der Angriff der Landesligatruppe setzte sich damals nur aus Spielern zusammen, die aus der eigenen VfB-Jugend kamen: Arthur Leipert, Lothar Kröpelin, Rolf Oberbeck, Hans-Jürgen „Butzi“ Grühn und Günter „Molle“ Schütt. Außerdem gehörten Hans Buurma als Verteidiger und Paul Prill als Außenläufer zur Standardbesetzung, also insgesamt sieben Eigengewächse! Das hatte es noch nie bei den Grünweißen gegeben. Der Erfolg war großartig, denn der Aufstieg in die höchste Klasse, der Oberliga Nord, wurde erreicht.

Leider stieg der VfB 1958 aus der Oberliga wieder ab, um 1959 erneut den Aufstieg zu schaffen. Inzwischen war Kröpelin zu einem ausgezeichneten Mittelläufer umgeschult worden. Bei seiner gewaltigen Sprungkraft und Kopfballstärke sorgte er für Furore. Bald wurden auch Bundestrainer Sepp Herberger und sein Assistent Helmut Schön auf das Riesentalent aufmerksam, und so durfte er am 2. Juni 1960 für 15 Minuten in einer DFB-Auswahl mitwirken, wo er aufgrund seiner Spielweise alle anwesenden Experten verblüffte. Im August 1960 nahm der Bundestrainer ihn sogar mit nach Reykjavik zum Länderspiel gegen Island, was 5:0 gewonnen wurde, doch leider kam der Blondschopf nicht zum Einsatz.

Die großen Oberligavereine erkannten rasch die Begabung des talentierten Defensivspielers. Zunächst streckte Werder Bremen seine Fühler aus, doch der Hamburger SV reagierte schneller und sicherte sich die Dienste Kröpelins für die Saison 1960/61. Der VfB jedoch verweigerte die Freigabe, da das Riesentalent noch einen gültigen Vertrag für ein Jahr besaß. Eine Einigung zwischen beiden Vereinen konnte nicht erreicht werden, sodass der DFB entscheiden musste. Wenige Tage vor der Urteilsverkündung äußerte sich Kröpelin: „Niemand kann mir zumuten, dort zu spielen, wo ich mich nicht wohlfühle. Kann man mich denn dazu zwingen? Wenn ich gesperrt werde, dann muss ich eben in den sauren Apfel beißen, aber das VfB-Trikot will ich nicht mehr tragen.“

Der DFB-Kontrollausschuss bestätigte die Freigabeverweigerung des VfB. Somit war eines der größten deutschen Fußballtalente für 12 Monate außer Gefecht gesetzt und hat diese verlorene Zeit nie wieder aufgeholt. Beim Hamburger SV wurde er deshalb nie Stammspieler, obwohl Jupp Posipal sehr viel von ihm hielt. Kröpelin machte nur 18 Oberligaspiele mit und nahm von 1963 bis 1965 an 24 Spielen in der Fußball Bundesliga teil. Sein größter Erfolg war der DFB-Pokalsieg 1963.

Da er über die Reservistenrolle nie hinauskam, schloss er sich 1965 Holstein Kiel an, wo er nach zwei Jahren und 34 Regionalligaspielen seine einst so verheißungsvoll begonnene aktive Laufbahn beendete. Er blieb jedoch dem Hamburger SV verbunden und kickte bis in die 80er Jahre hinein in der Altliga.

Vor vielen Jahren erinnerte sich der legendäre VfB-Torwart „Jonny“ Felgenhauer an Kröpelin wie folgt: „Also – vor dem Spiel war Lothar der Nervöseste von uns allen, er konnte sich oft vor Aufregung sogar die Fußballschuhe nicht zubinden. Mannschaftsarzt Dr. Krone hat ihm dann immer Zuckertabletten gegeben, von denen Lothar dachte, es wären Beruhigungstabletten. Aber auch im Spiel war Lothar immer heiß. Er ist manchmal noch einem Ball hinterher gehechtet, auch wenn er schon lange im Aus war.“ Felgenhauer hatte aber auch schmerzhafte Erinnerungen an Kröpelin: „Der Lothar hat mir doch bei einer Abwehr einen Finger gebrochen. Wenn es zur Sache ging, kannte Lothar keine Verwandten.“

Arthur Leipert entsinnt sich: „Lothar war ein Mensch von großer Bescheidenheit, der auch sehr kameradschaftlich war. Es war damals wirklich ein Jammer, dass er zum Hamburger SV ging. Wir haben dann später immer Kontakt gehalten und uns auch getroffen.“

Am 1. Dezember 1998 starb Lothar Kröpelin im Alter von 61 Jahren an Krebs. Wie wäre seine Karriere ohne die einjährige Sperre verlaufen? Wir können es nur erahnen.

Der VfB wird Lothar Kröpelin für den er in 51 Oberligaspielen (1 Tor) am Ball war nicht vergessen, hat er doch ein Stück Fußballgeschichte in Schleswig-Holstein mitgeschrieben.

Wenn Sie mir Ihre ganz persönliche VfB-Geschichte erzählen möchten, dann schreiben Sie eine E-Mail. An dieser Stelle möchte ich alle Fans des Lübecker Fußballsports bitten, uns Fotos aus den Stadtderbys zu schicken. Sie erreichen mich unter chronik@vfb-luebeck.de.

Mit grünweißen Grüßen verbleibe ich für heute.

Ihr Thomas Nöllen

Geschichten dieser Art und noch viel mehr können Sie im Buch “Eine Liebe in Grün-Weiß” nachlesen, das für 24,95 Euro in unserem Onlineshop und im Servicecenter erhältlich ist.

Von Published On: 22. März 2012Kategorien: Archiv
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