Lohmühlenfußball – was ist das eigentlich?

Häufig zu hören, von vielen VfBern gerne gebraucht: das Wort „Lohmühlenfußball“. Es ist gleichermaßen kennzeichnend für Stil und Atmosphäre in unserem Stadion. Wo kommt der Begriff her und was bedeutet er heute? 

 

Historische Entwicklung von Begriff und Stil

Der Begriff „Lohmühlenfußball“ geht tief in die Vergangenheit unseres Traditionsvereins zurück. Er hängt zusammen mit dem Stadion, also der Lohmühle an sich, mit dem Lohmühlenpublikum und dessen Wünschen sowie mit der Mannschaft und Entwicklung der Nachkriegsjahre.

 

Die Lohmühle war in der Zeit, als nach Kriegsende der große Zuschaueraufschwung in vielen Städten Deutschlands einsetzte, noch nicht für Zuschauermassen ausgerichtet. Es gab die „Alte Holze“, ansonsten waren rundherum Stehplätze und auch die nur teilweise mit Stufen ausgestattet. Entsprechend standen bei den damals üblichen Kulissen zwischen 8.000 und 14.000 die Zuschauer bis ans Spielfeld heran und saßen auch in den Pappeln, der Rest stand eng zusammengedrängt. Es entstand eine dichte Atmosphäre, wie sie in vielen anderen Stadien selbst in der damaligen Zeit nicht möglich war. Auch bei den Umbauten in späteren Jahren und trotz neuer Sicherheitsvorschriften blieb auf der Lohmühle der Charakter eines Stadions erhalten, in dem die Zuschauer näher auf Tuchfühlung mit dem Geschehen waren als anderswo. Die Gegner schüchterte dies durchaus ein. Bei Spielen mit geringeren Kulissen kam bis 1995 (Einführung von Zäunen und Sektorentrennung) hinzu, dass die VfB-Fans jeweils hinter das Tor des Gegners „wanderten“. Der gegnerische Torwart hatte in diesen Spielen also über 90 Minuten eine lautstarke Menge direkt hinter sich. Da sich, gerade in Zeiten als über 90 Prozent der Lohmühlenbesucher auf Stehplätzen die Spiele verfolgten, auch Schlachtrufe und später Fangesänge in wichtigen oder kritischen Situationen für unsere Mannschaft über das gesamte Stadion ausbreiteten, war die Lohmühle gefürchtet als enges und lautes Stadion.

Die Erwartungshaltung der Lohmühlenbesucher war die nach bedingungslosem Einsatz und harter Arbeit. Dies lag einerseits begründet in der allgemein harten Lebenssituation nach dem Krieg, vor allem aber auch im Charakter der damaligen Mannschaft. Über Jahre hinweg bildeten eisenharte Defensivspieler das Gerüst der Mannschaft. Torwartlegende „Jonny“ Felgenhauer, die Verteidiger Max Hoppe, „Heini“ Schröder und Horst Kiow waren bis ins hohe Alter und über mehr als ein Jahrzehnt die fußballerischen „Helden“ auf der Lohmühle. Dass der VfB in der damals erstklassigen Oberliga meist gegen den Abstieg kämpfte, unterstützte die Notwendigkeit harter Defensivarbeit. Bis auf Schröder waren die genannten Akteure keine „echten“ Lübecker, standen aber dennoch für den Aufbau einer Identifikation mit der Stadt und dem Verein. Die Erwartungshaltung hielt sich auch nach dem Karriereende dieser Spieler.

Beispielhaft dafür steht in später erfolgreichen Jahren das erste Zweitliga-Aufstiegsteam unter Michael Lorkowski in den 1990er-Jahren. Auch damals führten Teamgeist und Einsatzbereitschaft dazu, dass eine Mannschaft über sich hinauswuchs, das Publikum mitnahm und nicht für möglich gehaltene Erfolge realisierte.

 

Dass filigrane Spielweise – in den passenden Spielsituationen auch an der Lohmühle immer gerne gesehen – nicht als erstes im Fokus stand, hatte auch mit den Platzbedingungen zu tun. Über Jahrzehnte hinweg war die Lohmühle, anfangs von mehreren Vereinen zu Spiel und Training genutzt, kein Platz, der zu gepflegtem Flachpassspiel einlud. Erst mit der Platzrenovierung 2021 (Rasenheizung, neue Drainage, Rollrasen) entstand erstmals ein in allen Belangen guter Lohmühlenrasen.

 

Heutige Bedeutung des Schlagwortes „Lohmühlenfußball“

Heute symbolisiert der Begriff „Lohmühlenfußball“ einen gewünschten Spielstil der VfB-Mannschaft. Dieser geht aus von den historischen Begebenheiten, allerdings angepasst an die moderne Fußball-Welt. Der Begriff als solcher ist in der Gegenwart nicht an ein Spielsystem oder eine konkrete Taktik gebunden. Es sind dabei auch nicht allein die vielzitierten fußballerischen „Grundtugenden“, die den heutigen „Lohmühlenfußball“ ausmachen. Die Faktoren Einsatzbereitschaft und Kampf gehören zweifellos dazu, auch Stärken bei Standardsitiuationen sind ein Faktor. Darüber hinaus sind aber vor allem eine gewisse Lust an laufintensiver Pressingarbeit im Spiel gegen den Ball ebenso charakteristisch wie dynamisches Auftreten im Spiel nach vorn. Insgesamt ist eine hohe Intensität kennzeichnend für den Fußball, der die Lohmühle prägen soll.

Ausgehend von diesen Tugenden soll sich auch ein besonderer Teamgeist und Vereinszusammenhalt entwickeln, der sich aus der Kabine heraus bis auf die Jugendmannschaften, die Mitarbeiter und vor allem auch auf die Ränge der Lohmühle überträgt und umgekehrt. Dass das gesamte Stadion, nicht nur die treuen und lautstarken Fans in der Pappelkurve, in schwierigen Spielsituationen heute wieder wie in früheren Jahren besonders unterstützt – beispielsweise durch die seit einiger Zeit beliebten Wechselgesänge – unterstreicht, dass echter „Lohmühlenfußball“ immer auch aus der Einheit zwischen Mannschaft und Publikum entsteht.