Der Blick auf die Tabelle weist für unsere Gäste am Sonntag nach dem 10. Spieltag nur Platz 12 aus – doch dieser Blick täuscht. Nicht nur deshalb, weil das Spiel der U23 des FC Bayern München in der vergangenen Woche gegen den SV Meppen wegen Corona-Infektionen bei den Emsländern ausfiel und die Münchner damit ein Spiel weniger ausgetragen haben als beispielsweise unser VfB. Zu berücksichtigen ist vor allem, dass mit den Bayern auch der Vorjahresmeister an der Lohmühle gastiert.
Als Aufsteiger in die 3. Liga hatte der FC Bayern II in der vergangenen Saison gleich den Titel abgeräumt – in erster Linie deshalb, weil die Mannschaft nach der Corona-Pause als eine der wenigen sehr konstant punktete und so aus dem Verfolgerfeld noch ganz an die Spitze sprang. Aufsteigen dürfen U23-Teams der Bundesligisten bekanntlich nicht – und so blieb dem FCB-Nachwuchs die Trophäe und die Anerkennung der Konkurrenz, während Würzburg und Braunschweig als Zweiter und Dritter in die 2. Bundesliga aufrückten. Die Anerkennung war den Bayern schon deshalb gewiss, weil auch in der Vergangenheit kein U23-Team – weder die Bayern zwischen 2008 und 2011, noch Borussia Dortmund, Werder Bremen, VfB Stuttgart oder Mainz 05, die mit ihren Nachwuchsteams in der 3. Liga vertreten waren – ernsthaft um den Titel mitspielte. Neben der Meisterschaft ging auch der Titel des Torschützenkönigs nach München – Kwasi Okyere Wriedt wechselte allerdings nach seiner starken Drittliga-Saison in die erste niederländische Liga zu Willem II Tilburg. Auch Sarpreet Singh (1. FC Nürnberg), Lars Lukas Mai (Darmstadt 98), Derrick Köhn (ebenfalls Willem II), Oliver Batista Meier (SC Heerenveen) oder Mert Yilmaz (Antalyaspor) sind inzwischen höherklassig aktiv.
Meistertrainer Sebastian Hoeneß – Neffe des Bayern-Patriarchen Uli Hoeneß – profitierte ebenfalls vom großen Erfolg. Er coacht seit dieser Saison den Bundesligisten TSG 1899 Hoffenheim. Auf dem Trainerstuhl der Bayern-U23 sitzt seitdem wieder Holger Seitz. Der 46-Jährige, der auch einige Jahre für Bayern II (sowie als Profi für Fürth, Karlsruhe und Darmstadt) spielte, hatte das Team bereits zur Regionalliga-Meisterschaft 2019 geführt und danach den Posten als Nachwuchsleiter an der Säbener Straße übernommen.
Seitz hat dabei auch in dieser Saison mit den üblichen Freuden und Sorgen eines U23-Trainers zu kämpfen. Die jungen Spieler sind noch größeren Leistungsschwankungen unterworfen. Nur selten steht zudem das exakt gleiche Personal wie in der Vorwoche zur Verfügung. Oftmals rücken eigentlich für die U23 eingeplante Talente zu den Profis auf, wo einige ohnehin regelmäßig trainieren. Hier und da kommen dann auch Spieler, die eigentlich gar nicht für die 3. Liga vorgesehen waren, aus dem Profi-Kader hinzu. In dieser Saison war das bislang einzig Mittelstürmer Joshua Zirkzee, der mehrere Male in der zweiten Mannschaft zum Einsatz kam. Nicht zu vergessen ist dabei allerdings, dass auch Zirkzee trotz einiger Bundesliga-Einsätze erst 19 Jahre alt ist.
Nur drei Spieler, die älter sind als 23 Jahre, dürfen in den U23-Teams der 3. Liga und Regionalliga zum Einsatz kommen. Beim FC Bayern II sind auch die nur selten zu finden. Das hat auch damit zu tun, dass Kapitän und Innenverteidiger Nicolas Feldhahn (34, früher u.a. VfL Osnabrück) sowie Mittelfeldspieler Maximilian Welzmüller (30, früher u.a. Unterhaching, Aalen) zuletzt verletzungsbedingt nicht dabei waren. Timo Kern (30) ist so der einzige Stammplatzkandidat, der nicht mehr als Talent gelten kann. Daneben bleibt Linksverteidiger Angelo Mayer (24) nominell der einzige ältere Spieler im Kader, der aber auf seiner Position junge Talente vor sich hat.
Davon nämlich gibt es im Bayern-Kader einige. Das Portal transfermarkt.de weist allein neun Spieler im Team aus, deren Marktwert im Millionenbereich angegeben wird. Selbst wenn man den bereits etablierteren Zirkzee herausrechnet, ist der Kader mehr als doppelt so viel wert wie der jedes anderen Drittligisten. So wurde kurz vor Transferschluss noch der 19-jährige Techniker Tiago Dantas von Benfica Lissabon ausgeliehen, für den Medienberichten zufolge eine Kaufoption über acht Millionen Euro existiert. Eine Summe, mit der der VfB mehr als eineinhalb Jahresetats für den Gesamtverein finanzieren könnte. Mittelfeldstratege Angelo Stiller (19), die Außenstürmer Leon Dajaku (19) und Nicolas Kühn (20), Außenverteidiger Rémy Vita (18) werden ebenfalls auf einen siebenstelligen Marktwert mit baldiger Bundesliga-Perspektive taxiert. Verteidiger Chris Richards (20) und Offensiv-Allrounder Jamal Musiala (17) haben gar schon Einsatz-Perspektive im Team des Deutschen Rekordmeisters. Weil er die nicht hatte, ist zudem ein weiteres Top-Talent fest im Kreis der Bayern-U23 zu Hause. Mittelstürmer Fiete Arp, aufgewachsen in Bad Segeberg und fußballerisch beim Hamburger SV ausgebildet, probiert nach seinem vergeblichen Anlauf, im Bayern-Starensemble Spielzeiten zu bekommen, den Schritt zurück als Stammspieler in der 3. Liga. Arp ist längst in aller Munde – doch auch er ist erst 20 Jahre alt.
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