Am Montag sind die Rollen klar verteilt. Die TSG Hoffenheim kommt als etablierter und ambitionierter Bundesligist an die Lohmühle. Beim bislang einzigen Aufeinandertreffen beider Vereine war das noch anders. Unser VfB hat eine 100-Prozent-Siegquote gegen die TSG. Über 19 Jahre ist es her, dass der damals ambitionierte Drittligist Hoffenheim den VfB, damals im Mittelfeld der 2. Bundesliga angesiedelt, zum Viertelfinale im DFB-Pokal und zum bislang einzigen Vergleich beider Vereine empfing.

Der VfB hatte sich durch einen hart erkämpften Auswärtssieg beim FC St. Pauli (3:2 n.V.) und einen gut herausgespielten Heimerfolg gegen den SC Freiburg (1:0) für die Runde der letzten Acht qualifiziert. Hoffenheim war erstmals auf der bundesweiten Fußball-Landkarte angekommen. Nachdem im Achtelfinale Bundesligist Bayer Leverkusen aus dem Wettbewerb geworfen worden war, wurde der Heimatverein von SAP-Gründer Dietmar Hopp erstmals auch im Norden als aufstrebender Verein registriert. Schrittweise war der Verein in 15 Jahren von der Kreisliga bis an die Schwelle zur 2. Bundesliga vorgedrungen. Trainer der TSG war damals der heutige Bundestrainer Hans-Dieter Flick.

Für den VfB war das Los Hoffenheim das vermeintlich „leichteste“, barg aber auch Gefahren. „Das ist das drittgrößte Spiel der Vereinsgeschichte“, sagte Stürmer Jens Scharping der Bild-Zeitung und benannte das Halbfinale und Finale als die beiden größten. Angesichts von nur noch drei Bundesligisten im Wettbewerb reiften bereits vorab Träume, die im Pokal nur selten gut tun.

968 VfB-Fans hatten Tickets für das nur rund 6.500 Zuschauer fassende Dietmar-Hopp-Stadion im Sinsheimer Stadtteil Hoffenheim bekommen. „Das hätte ich nicht für möglich gehalten“, staunte der Fanbeauftragte Dennis Karsten über die Euphorie trotz der 650 Kilometer Anreise an einem Wochentag. „Wir hätten bestimmt noch 400 Karten mehr verkaufen können.“ Auf der eigens aufgebauten Zusatztribüne verbreitete der VfB-Anhang Heimspielstimmung.

Dass das Spiel die hohen Erwartungen nicht erfüllte, war am Ende zweitrangig. „Danach fragt doch schon bald keiner mehr“, meinte Stürmer Scharping angesprochen auf die mäßige Leistung. „Etwas Glück war schon dabei“, wusste Trainer Dieter Hecking nach dem 1:0-Erfolg. Die Hoffenheimer haderten dabei mit Schiedsrichter Edgar Steinborn. Der erfahrene Bundesliga-Referee hätte wohl dreimal auf den Elfmeterpunkt zeigen können, wenn nicht gar müssen. Zweimal für die TSG, einmal für den VfB. Doch es gab auf beiden Seiten keinen Strafstoß. Als faire Verlierer erwiesen sich die Kraichgauer dennoch. Auch Mäzen Dietmar Hopp schaute in der VfB-Kabine vorbei, lobte die Einstellung der Lübecker und gratulierte zum Sieg.

Diesen hatte Silvio Adzic sicher gestellt. Der kleine Stürmer, vor der Saison aus Kaiserslautern gekommen und sonst oft in einer Nebenrolle, verwertete kurz nach Beginn der zweiten Hälfte einen Steilpass von Ferydoon Zandi eiskalt zum 0:1. Entscheidend für den Sieg war aber auch Keeper Maik Wilde, der den verletzten Carsten Wehlmann vertrat. Bei einer Chance von Heiko Throm reagierte er stark (35.) und sorgte in der letzten halben Stunde gemeinsam mit dem als stärkstem VfBer benannten Verteidiger Sven Boy dafür, dass nach Phasen der Abwehrschwächen kaum noch etwas anbrannte.

In Erinnerung blieb auch die „dritte Halbzeit“. VfB-Team-Manager Klaus Borchert hatte wegen des späten Spieltermins das Sinsheimer „Hotel Wincent“ gleich für zwei Nächte gebucht, und Trainer Dieter Hecking nach dem Halbfinaleinzug auch den Zapfenstreich aufgehoben. Am Tag darauf ging es im ICE zurück in den Norden.

Auf 2,2 Millionen Euro waren die Pokaleinnahmen des VfB mit dem Sieg angewachsen. Einen Dämpfer erhielt die Euphorie am Folgetag, als der Hecking-Elf ein Auswärtsspiel beim designierten Deutschen Meister Werder Bremen zugelost wurde und nicht das erhoffte Heimspiel gegen Zweitligist Aachen oder Bundesliga-Mittelfeldteam Mönchengladbach. Sechs Wochen später war selbst in Bremen der Sprung ins Finale drin – doch das ist eine andere Geschichte.

Auch die Geschichte des folgenden Zweitliga-Abstiegs steht auf einem anderen Blatt. Die Siegesfeier in Hoffenheim jedenfalls hatte keinen Anteil daran. Nach dem Pokalcoup folgten sieben Punkte aus einer englischen Woche in Bielefeld (3:1), gegen Duisburg (1:1) und in Unterhaching (1:1) – als Tabellensechster rangierte der VfB vier Punkte hinter einem Bundesliga-Aufstiegsplatz…

 

3. Februar 2004, TSG Hoffenheim – VfB Lübeck 0:1 (0:0)

Hoffenheim: Hillenbrand – Thee, Endress (82. Herdling), Daub, M. Throm – Böttjer – Bindnagel, Ollhoff, Sieger (72. Cescutti) – H. Throm, Möckel (64. Ropic). – Trainer: Flick.

VfB: Wilde – Thorwart, Boy, Kullig, Achenbach – Groth, Plaßhenrich, Schanda (90. Hasse) – Zandi – Adzic (78. Thioune), Scharping (75. Würll). – Trainer: Hecking.

Tor: 0:1 Adzic (49.). – SR: Edgar Steinborn (Sinzig). – Zuschauer: 6.500 (ausverkauft).

Von Published On: 13. August 2023Kategorien: 1. Herren, Archiv
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